Das Kirchgemeindehaus Bischofswerda


Kirchgemeindehaus Bischofswerda

Das evangelisch-lutherische Kirchgemeindehaus Bischofswerda (erbaut 1952-1955)


Geschichte

Das alte Kirchgemeindehaus war 1815 als Diakonat und Schule erbaut worden. Wie aus dem Grundriss der Stadt Bischofswerda von 1793 hervorgeht, haben sich an dieser Stelle schon vor dem Stadtbrand von 1813 die Stadtschule und zwei geistliche Wohnungen be­funden. Damals gehörten Kirchen- und Schulwesen zusammen und wurden von dem­selben Ministerium verwaltet. Noch bis 1945 wohnten der Kantor (zugleich Lehrer) und die Gemeinde­schwestern in dem Gebäude. Deshalb wurde es auch Diakonat oder Dia­konissen­heim genannt.
Als die Schülerzahl im Zeitalter der Industrialisierung stark anwuchs, erbaute man 1864 und 1901 die Schul­gebäude auf der Kirchstraße (heute Grund- und Oberschule). Die alte Kirch­schule wurde nun nicht mehr benötigt und ging im Rahmen der Auseinandersetzung des Kirch­schullehens im Jahre 1920 in das Eigentum der Kirchgemeinde über.
Wie Pfarrer Rudolf Heinze (von 1935-1957 in Bischofswerda) in seiner Niederschrift berichtet, brannte das alte Kirchgemeinde­haus am Abend des letzten Kriegs­tages, 8. Mai 1945, zusammen mit anderen Häusern am Kirchplatz aus. Die Christuskirche wurde nicht beschädigt.


Das alte Kirchgemeindehaus (1815-1945)


Wiederaufbau

Der Wiederaufbau des neuen (jetzigen) Kirchgemeindehauses gestaltete sich in vielerlei Hinsicht schwierig. Nach dem Abbruch der Ruine erfolgte schließlich am 18. September 1952 der erste Spatenstich. Die Grund­steinlegung fand am 2. November 1952 statt. Der erste Bauabschnitt konnte am 13. Dezember 1953 (3. Advent) und das gesamte Gebäude schließlich am 31. Juli 1955 eingeweiht werden.
Den Gesamtentwurf für das Kirchgemeindehaus erarbeitete der Dresdner Architekt Pro­fessor Dr. Wolfgang Rauda (1907-1971). Er hatte die Gesamtbauleitung. Ihm zur Seite standen seine Mitarbeiter: Baumeister Winkler und Architekt Houfek. Pfarrer Heinze hat die Namen aller Handwerker aufgezeichnet, die am Wiederaufbau des Gebäudes beteiligt waren. Zu ihnen gehören: die Baumeister Robert Körner und Herbert Teich, Kröber und Spiegel, Friedrich Schubert (Maurer- und Zimmererarbeiten); Rudolf Schneider (Klempner­arbeiten); Theodor Schnur (Dachdecker­arbeiten); Walter Menzel (Installations­arbeiten); Karl Ohlendorf, Richard Männchen (Elektriker­arbeiten), Alfred Lehmann (Tischler­arbeiten); August Wehlte, Fritz Schneider (Glaser­arbeiten); Fritz Schmidt (Ofensetzer­arbeiten); Alfred Beyer (Schlosser­arbeiten); Bruno Großmann, Wilhelm Horn, Paul Seidel (Maler­arbeiten); Martin Preusche (Steinsetz­arbeiten); Erna Böhme (Wandbehänge).


Das neue Kirchgemeindehaus (im Jahre 2001, nach Erneuerung der Fassade)


Nutzung

In den Jahren 2000 bis 2001 wurde der Außenputz und der Farbanstrich des Kirchgemein­de­hauses erneuert. Das Gebäude ist bis heute der Ort, an dem der kirchliche Unterricht (Christenlehre- und Konfirmandenarbeit) stattfindet und sich Gruppen und Kreise der Kirch­gemeinde treffen. Hier findet parallel zum Gottesdienst in der Kirche der Kindergottesdienst statt. Der Bachsaal des Hauses dient den kirchenmusikalischen Gruppen (Kantorei, Posaunenchor und Kurrende) als Übungsraum. Das Haus beherbergt das Pfarramt und wird durch verschiedene Ver­anstaltungen (Weltgebetstag, Glaubenskurse etc.) immer wieder zum Haus der Begeg­nung für viele Menschen unserer Stadt und Region. Besonders deutlich kann man das an den Hausmusik­abenden sehen, die in regelmäßigen Abständen stattfinden – eine Tradition, die übrigens noch vor die Fertigstellung des Gesamtgebäudes zurückreicht: Am 28. Januar 1954 – so hat Pfarrer Heinze notiert – fand im Bach-Saal mit Kammermusikus Paul Lange-Frohberg von der Dresdner Staatsoper und Frau Katharina Lange-Frohberg der erste Hausmusikabend statt. Nach dem Wiederaufbau befanden sich auch Schlafmöglich­keiten im Dachgeschoss, die für kirchliche Rüstzeiten genutzt wurden. Der Rüstzeitbetrieb musste jedoch in den 1970er Jahren u. a. aus Brandschutzgründen eingestellt werden.


Der Hinterhof des Kirchgemeindehauses – ab 2006 von der Jungen Gemeinde neu gestaltet.


Hinterhof

Beim Wiederaufbau des Gebäudes wurde aus Gründen des Brandschutzes zur Auflage ge­macht, einen Hinterhof anzulegen. Aufgrund des Hinterhofes ist das Platzangebot des Kirchgemeinde­hauses geringer, als man von außen vermutet. 2006 begannen einige Mit­glieder der Jungen Gemeinde mit Unterstützung erfahrener Kirchvorsteher, den Hinterhof zu verschönern. Es wurden unter anderem Sitzgelegenheiten und Hochbeete mit etwas Grün angelegt sowie unter künstlerischer Anleitung mit einer jugendgemäßen Bemalung der Wände begonnen. Der Hinterhof wurde in den letzten Jahren (in der warmen Jahreszeit) von verschiedenen Gemeindegruppen zum geselligen Beisam­mensein genutzt und konnte zu den “Tagen des offenen Denkmals” besichtigt werden.


Das erneuerte Dach des Kirchgemeindehauses am 11. Juli 2015.


Baumaßnahmen 2015-17

Durch eine Förderung aus dem Bund-Länder-Programm “Städtebaulicher Denk­mal­schutz” (SDP) wurde es im Jahre 2015 möglich, das Dach des Kirch­ge­meinde­hauses neu decken zu lassen und eine neue, behin­derten­gerechte Toiletten­anlage in die ehemalige Garderobe einzubauen. Das schuf die Voraus­setzung dafür, dass im Jahr 2016 die Gemeinde­küche erweitert und neu eingerichtet werden konnte.
Im Herbst 2015 wurde durch Unterstützung aus dem Landesprogramm “Lieblingsplätze für alle” ein barrierefreier Zugang zum Kirchgemeindehaus geschaffen, wofür besonders unsere Senioren sehr dankbar sind.
In den Jahren 2016-17 konnte schrittweise das Bodelschwingh-Zimmer im Dachgeschoss als Treffpunkt für die Junge Gemeinde erneuert werden (Fenster, Sanitäranlage, Heizung). Zugleich wurde der Dachboden gedämmt und so hergerichtet, dass eine Tischtennisplatte aufgestellt werden konnte.


Das Kirchgemeindehaus mit barrierefreiem Zugang (2015).


Durch alle diese Baumaßnahmen ist es zu einer wesentlichen Verbesserung der Funk­tionalität des Hauses gekommen. Die Kirchgemeinde ist allen, die dazu beigetragen haben von Herzen dankbar: allem voran dem Stadtrat und dem Bauamt von Bischofswerda, den Mitarbeitern der Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH, den Mitarbeitern im Sozialamt des Landkreises Bautzen, den Mitarbeitern der Denkmalpflege, dem Baupfleger der Lan­des­kirche und den beteiligten kirchlichen Dienststellen, dem Ingenieurbüro Müller & Hilmes in Schmöllen und allen Handwerks­betrieben, die unter dessen Leitung gearbeitet haben.

(zusammengestellt von Pfr. Dr. Tobias Mickel, Pfarrer in Bischofswerda 1995-2018)