Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Da haben wir diesmal ja einen passenden Monatsspruch:
Du sollst dich nicht der Mehrheit anschließen, wenn sie im Unrecht ist. (2. Mose 23,2)
Er steht am Anfang unserer Bibel in einem Abschnitt, der in der Lutherübersetzung mit „Gebote der Gerechtigkeit und Nächstenliebe“ überschrieben ist. Der Satz selbst ist aber der Einheitsübersetzung entnommen.
Nun sind ja – Gott sei es gedankt! – die Zeiten vorbei, wo viele meinten oder gedrängt wurden, eine bestimmte Partei bzw. den Zusammenschluss von Parteien in der sog. Nationalen Front zu wählen. Heute kann in unserem Land jede/r wählen, wen er/sie möchte und denkt, dass diese Partei oder Wählergruppe die eigenen Interessen am besten vertritt.
Und da ist der Fallstrick: Die „eigenen Interessen“. Geht es wirklich darum? Sollte es nicht – und gerade für uns Christen – vielmehr darum gehen, was für alle gut ist? Was den Zusammenhalt stärkt, was den nächsten Generationen eine gute Zukunft ermöglicht? Fragen wir danach, wer die grundlegenden Werte für unser Zusammenleben am besten in politische Entscheidungen umsetzen kann: Nächstenliebe, solidarischen Ausgleich, gleiche Rechte, Stärkung des gesellschaftlichen Friedens und Achtung der Würde aller Menschen.
Ganz sicher kommen auch wir Christen dabei zu unterschiedlichen Antworten. Das ist normal. Und es ist ein demokratisches Grundprinzip, diese Normalität zu akzeptieren und zu ermöglichen. Daher ist es schlimm, wenn in der Auseinandersetzung um die besten Antworten auf die Herausforderungen in dieser kritischen Zeit, Personen angegriffen und geschlagen werden, wenn Gewalt die Argumente ersetzt, wenn Menschen, die Verantwortung übernehmen wollen, diffamiert, herabgewürdigt und beleidigt werden. Da entsteht eine Atmosphäre des Misstrauens und der Angst, die das Auseinandertriften der Gesellschaft befördert. Wir Christen dürfen da nicht mitmachen und müssen klar widersprechen. So nicht!
Stattdessen können wir das Miteinander stärken, wenn wir auch bei unterschiedlichen Ansichten fair und respektvoll miteinander umgehen, wenn wir um Sachargumente ringen, wenn wir Menschen nicht nach ihrer oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe beurteilen, sondern auf die tatsächlichen Worte und Taten achten, wenn wir auf die Schwachen achten und für ihre Rechte und Bedürfnisse eintreten. All das im Gespräch miteinander – und auch mit dem Kreuz auf dem Wahlzettel.
Es ist wohl an der Zeit, wieder einmal an eine der grundlegenden Regeln für unser Zusammenleben zu erinnern. Jesus hat sie so formuliert (Übersetzung nach der Basisbibel):
Behandelt andere Menschen genau so, wie ihr selbst behandelt werden wollt. (Matthäusevangelium 7,12)
Ihr Pfarrer Joachim Rasch